Gibt es bei uns eine "Lügenpresse"     und sind die Journalisten ihre Barone?

von Henning Funke-Bruns

 

 


 

Habe ich Lügen gekauft?

 

 

 

Foto privat: Henning Funke-Bruns

Um es vorweg anzumerken: Natürlich gibt es in Deutschland keine Lügenpresse und die Journalisten sind auch keine Lügenbarone! Aber einige Anmerkungen müssen doch einmal gemacht werden:

Kennt jemand noch den Journalisten („rasenden Reporter“) Egon Erwin Kisch? Er berichtete von den sozialen Missständen seiner Zeit in den 20-iger Jahren des vorigen Jahrhunderts und er war für seine Reportagen berühmt. Sein Motto war: „Nichts ist faszinierender als die Wahrheit“.

Wahrheit ist ein subjektiver Begriff!

Nun sagen uns die Psychologen (zu Recht), dass „Wahrheit“ ein subjektiver Begriff ist. Was die einen als Wahrheit erkannt haben wollen, ist für andere nur eine Nebensache unter vielen anderen Geschehnissen. Es gibt also nicht die eine Wahrheit. Dieser Umstand kann ein Problem für journalistische Arbeit sein. Man hilft sich in den journalistischen Kreisen mit dem anerkannten Grundsatz, dass Journalisten nur Berichte verfassen, in denen sie sich nicht mit Inhalten gemein machen. Also vermeintlich objektiv berichten.

Journalisten bringen, wie alle Menschen, ihre eigenen Erfahrungen zum Ausdruck!

Auch wenn es nicht öffentlich diskutiert wird, ist aus psychologischer Sicht Zweifel angebracht, weil jeder Mensch Erfahrungen seines Lebens zum Ausdruck bringt. Also auch in journalistischen Arbeiten dieser Grundsatz gilt.

Festzuhalten ist, dass engagierte Journalisten, die Missstände anprangern wollen, auf Grund des oben geschilderten Verhaltenskodexes Probleme bekommen (können), Artikel zu veröffentlichen und, was schlimmer wiegt, selbst schon „die Schere im Kopf“ haben und sich die Frage stellen: „Darf ich diesen Artikel verfassen oder nicht?“

Die Zeitungsverlage genießen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts "Tendenzschutz"

Noch etwas kommt hinzu: Die Zeitungsverlage haben nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes „Tendenzschutz“. Das bedeutet, dass die Zeitungsverlage die Ausrichtung der Artikel bestimmen dürfen. Das wiederum wird dazu ausgenutzt, kritische Artikel gar nicht erst zu veröffentlichen. Ein Beispiel gefällig: Im Januar dieses Jahres veröffentlichte Oxfam eine Studie über die Verteilung des Vermögens auf der Erde: 2016 werden, wenn die Entwicklung so weitergeht, die reichsten Menschen (1 % der Weltbevölkerung) so viel besitzen wie die restlichen 99 % der Weltbevölkerung. Die Auswirkungen sind für das Leben auf der Erde verheerend, weil Hunger, mangelnde Entwicklung, Konflikte, Wanderbewegungen, Staatsschulden und Staatsbankrotte zunehmen werden. Daraus lohnte sich schon Artikel zu verfassen. Es gibt darüber nur verhältnismäßig wenige Beiträge in den Print- und Digitalmedien der großen Zeitungsverlage und das auch nur in besonderen Publikationsorganen. Die hiesige Presse hat am 20.01.15 nur ein Mini-Artikel zu dem Reichtumsbericht von Oxfam gebracht, der fast so kurz wie eine Pressemeldung war. Sicherlich befürchtete man vermutlich von Großkonzernen keine Werbeeinnahmen zu erlangen, wenn Artikel über solche Themen erscheinen würden.

Es ist für Journalisten schwierig, Artikel zu veröffentlichen, die im Interesse der Mehrheit sind!

Fasst man zusammen, so kann man festhalten, dass es für Journalisten schwierig ist, kritische Artikel in den privaten Print- und Digitalmedien unterzubringen. Ich bin mir sicher, dass auch von Seiten der Journalisten eine Motivation, solche Artikel zu verfassen, vorhanden ist. Die oben geschilderten Umstände hindern viele daran, Beiträge für die Mehrheit zu schreiben und unterzubringen.

Und wenn Egon Erwin Kisch heute leben würde? Er hätte die gleichen Probleme wie seine heutigen Kolleginnen und Kollegen. Wäre er, so wie damals, ein Kämpfer, so würde er wahrscheinlich, weil er keine Anstellung bekäme, von Arbeitslosengeld II leben. Vielleicht würde er, weil er so ein begnadeter Journalist ist, Einzelaufträge bekommen. Aber nur vielleicht!

Was kannst du tun?

  • Informiere dich nicht nur in den öffentlichen Medien (Radio, Fernsehen und Printmedien), sondern rufe im Internet auch Informationen auf, die die sogenannten Nichtregierungsorganisationen (NGO's) herausgeben. Diese Organisationen sind u.a. Atac, Blockupy, Oxfam, christliche Entwicklungsdienste, Gewerkschaften, Amnesty International und viele andere Organisationen.
  • Werde hellhörig, wenn Maßnahmen als "alternativlos" dargestellt und berichtet werden. Sie verschleiern oft Macht-und Herrschaftsverhältnisse. 

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